Die Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit (BT) ist eine für den Menschen ungefährliche virale Infektionskrankheit von Schafen, Ziegen, Rindern und anderen domestizierten und wild lebenden Wiederkäuern. Sie unterliegt der Anzeigepflicht nach §4 Tiergesundheitsgesetz. Im AHL der EU ist sie als Kategorie-C-Seuche eingestuft. Somit kann nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ein Seuchenfreiheitsstatus amtlich anerkannt werden
 
Der Erreger
ist das zu den Reoviridae gehörende BT-Virus, welches sich in 27 Serotypen unterteilt. In Europa sind vor allem die Serotypen 1 (Südspitze Portugals und Spaniens), 4 (Italien, Griechenland, Bulgarien) und 8 (Pyrenäen, Frankreich, Belgien, Luxemburg) vorherrschend. In Deutschland grassierte bisher vor allem der Serotyp 8. Seit Sptember 2023 häufen sich Virusnachweise in den Niederlanden, im Oktober wurde der erste Fall aus Belgien bekannt. Im Gegensatz zum bislang in Europa vorherrschenden Serotyp 8 wird im aktuellen Geschehen ausschließlich der Serotyp 3 nachgewiesen. Am 12.10.2023 wurde dieser Serotyp erstmalig auch bei einem Schaf in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen. Im Gegensatz zu den Serotypen 1, 2, 4 und 8 ist für den Serotyp 3 aktuell kein Impfstoff verfügbar. Zudem gibt es keine Kreuzimmunitäten zwischen den unterschiedlichen Serotypen. Empfänglich sind besonders Schafe und Lämmer, aber auch Ziegen und Rinder erkranken. Die betroffenen Tiere sind durchschnittlich weniger als 60 Tage infektiös, jedoch kann das BT-Virus vor allem bei Rindern bis zu 100 Tage im Blut zirkulieren. Infizierte Tiere sind deshalb die Hauptinfektionsquelle für sogenannte Gnitzen.
 
Die Übertragung
erfolgt ausschließlich durch blutsaugende Gnitzen (Culicoides spp.). Mit ihnen wird das Virus beim nächsten Stechakt auf ein empfängliches Tier übertragen.
Besonders aktiv sind Gnitzen nachts und während der Dämmerung bei feuchtwarmen Temperaturen, fliegen jedoch auch noch bei Temperaturen bis zu 8°C. Einmal infizierte Gnitzen bleiben lebenslang infektiös. Das BT-Virus kann mit den Larvenstadien der Gnitzen überleben und sogar überwintern. Auch das Sperma infizierter Bullen oder Böcke kann das Virus enthalten, jedoch kommt es nicht zu dauerhaften Infektionen. Da das Virus nicht durch direkten Tierkontakt, sondern vor allem indirekt über Gnitzen übertragen wird, sind saisonale Krankheitsgeschehen nicht selten. Gnitzen können mit dem Wind über Distanzen von bis zu 200km verbreitet werden.
 
Krankheitsbild
Die Ausprägung der klinischen Erkrankung variiert zwischen den verschiedenen Spezies und ist beim Schaf am schwersten, wobei bis zu 100 % der Tiere einer Herde erkranken können. Die Sterblichkeit bei Schafen liegt zwischen 30 und 70 %. Der seit 2008 in Europa auftretende Serotyp 8 zeigt eine untypisch hohe Zahl infizierter Rinder, die Sterblichkeit liegt hier jedoch unter 1 %.
Die Infektion verläuft in Phasen. Nach einer sog. Inkubationszeit von etwa 4 - 8 Tagen zeigen sich bei akuter Verlaufsform die folgenden klinischen Symptome (v.a. Schafe, einige Wildwiederkäuer):

  • 6 bis 8 Tage anhaltendes Fieber bis 42°C
  • Atembeschwerden, Hecheln, exzessives Speicheln,
  • Hyperämie (vermehrte Blutfülle) der Kopfschleimhäute,
  • Blutungen der Schleimhäute des Verdauungs- und Atmungstraktes,
  • Ödembildung (Schwellung) an Lippen, Augenlidern und Ohren,
  • seltener Zyanosen (blaurote Färbung) im Maulbereich und der Zunge,
  • Geschwüre und Erosionen, Ulcerationen bis hin zu Nekrosen an den Schleimhäuten,
  • Lahmheiten, hervorgerufen durch Muskel- und Klauensaumentzündungen,
  • mitunter Aborte (Fehlgeburten) und angeborene Missbildungen,
  • die Sterblichkeit schwankt je nach Gnitzenbefall und sog. Viruslast teils erheblich, in schweren Fällen tritt der Tod nach 8 -10 Tagen ein,
  • die Genesungszeit kann mitunter sehr lang sein und mit Fellverlust, Unfruchtbarkeit und Wachstumsverzögerung einhergehen.

Rinder und andere Spezies sind in Abhängigkeit vom Serotyp häufig symptomlos infiziert oder zeigen nur milde Symptome, wobei dann Entzündungen der Zitzenhaut sowie der Kopf- und Genitalschleimhäute vorherrschen.

Prävention und Kontrolle
Es ist lediglich eine symptomatische Therapie möglich. In Regionen, in denen das Virus vorhanden ist, sind gezielte Schutzmaßnahmen gegen Gnitzen zu ergreifen. Dies umfasst neben physischen Barrieren (Insektenschutznetze) auch den Einsatz von Insektiziden. Serotyp-spezifische Impfstoffe sind verfügbar und sollten bei empfänglichen Arten in Risikogebieten eingesetzt werden.

MV ist in der EU amtlich als BTV-freies Gebiet anerkannt. Zur Aufrechterhaltung des Seuchenfreiheitsstatus erfolgen jährliche Stichprobenuntersuchungen in Rinder-, Schaf- und Ziegenhaltungen im Land.

Weitere Informationen, aktuelle Kartendarstellungen sowie Impfempfehlungen finden Sie hier:
www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/blauzungenkrankheit/